In dieser Episode des AI FIRST Podcasts spricht Felix mit Dr. Nina Böhm, die bei der Landeshauptstadt München für die KI-Strategie verantwortlich ist. Ein faszinierender Einblick in die Herausforderungen und Erfolge der KI-Implementation in der öffentlichen Verwaltung - von bürokratischen Hürden bis hin zu 9.000 aktiven Nutzern des internen KI-Tools MUCGPT.
Nina Böhm erklärt ihre Motivation für den Wechsel von der Automobilindustrie zur Stadtverwaltung: Weg von der "Heiterkeits-Bubble" und Ellenbogen-Kultur hin zu gesellschaftlichem Mehrwert . Ihre Mission ist es, mit ihren Fähigkeiten dort die größte Veränderung zu bewirken, wo das Potenzial am höchsten ist - in der öffentlichen Verwaltung.
Das 2024 gegründete KI-Kompetenzzentrum war sowohl politischer Kampf als auch strategische Initiative . Die Kernaufgaben umfassen die Institutionalisierung von KI, den Aufbau von Architektur und Infrastruktur sowie die Beratung aller 15 Referate der Stadt München. Mit 43.000 Mitarbeitern und 1,8 Millionen Bürgern steht das Team vor enormen Skalierungsherausforderungen .
Als ersten Anwendungsfall führte München MUCGPT ein - einen eigenen Sprachbot basierend auf ChatGPT, ausschließlich für interne Mitarbeiter . Heute nutzen 9.000 Mitarbeiter das Tool aktiv (wöchentlich), was bei einer Verwaltung dieser Größe eine beeindruckende Adoptionsrate darstellt . Besonders bemerkenswert: Die Mitarbeiter entwickeln proaktiv eigene KI-Assistenten und teilen diese referatsübergreifend.
Nina räumt mit Illusionen auf: "Wir denken gerade über die Kirschen oben nach, die KI-Lösungen, aber wir haben das Fundament noch nicht mal gelegt" . Die größten Herausforderungen sind nicht technischer, sondern struktureller Natur: Datensilos zwischen Referaten, fehlende End-to-End-Prozesse und mangelnde digitale Grundlagen. Ein Baureferat-Antrag hat nichts mit KVR-Daten zu tun - eine Grundlagenarbeit, die seit zehn Jahren hätte gemacht werden müssen.
Trotz struktureller Hürden hat München bereits bürgerzentrierte KI-Lösungen gelauncht. Die intelligente Suche im Dienstleistungsfinder ermöglicht es Menschen mit Sprachbarrieren, durch einfache Eingaben wie "Kein Geld, Wohnung weg" den richtigen Wohngeldantrag zu finden . Das System funktioniert auch mehrsprachig und hilft bei der Navigation durch komplexe Verwaltungsstrukturen.
Um die Mitarbeiter auf die KI-Reise mitzunehmen, setzt München auf verschiedene Formate: Ein großes KI-Hearing mit externen Experten als Auftaktveranstaltung, zahlreiche Schulungsangebote wie "The Power of Prompting", eine Datenethikkodex-Sprechstunde und einen Teams-Teamroom für den Austausch von Fragen und Ideen. Besonders erfolgreich ist die Entwicklung eigener KI-Assistenten durch die Mitarbeiter, die in der Community geteilt werden. Mit etwa 9.000 aktiven Nutzern von MUCGPT zeigt sich eine beachtliche Adaptionsrate innerhalb der Stadtverwaltung.
In fünf Jahren, so Nina, werden Bürger den KI-Einsatz daran merken, dass Verwaltungsmitarbeiter wieder mehr Zeit für persönliche Anliegen haben. Durch die Automatisierung standardisierter Prozesse können sich die Mitarbeiter auf das Menschliche konzentrieren - das Zuhören, Verstehen und Begleiten. Die Bearbeitungszeiten für Anträge werden sich deutlich verkürzen, und Bürger müssen nicht mehr mehrfach die gleichen Daten angeben. Allerdings müssen dafür noch rechtliche Hürden wie Schriftformerfordernisse überwunden werden, die aus einer Zeit vor der Digitalisierung stammen.
Die Episode zeigt eindrucksvoll, dass KI-Implementation in der öffentlichen Verwaltung möglich ist, aber andere Herausforderungen mit sich bringt als in der Privatwirtschaft. Wichtige Erkenntnisse:
Zum Gast: ⁠⁠⁠⁠Dr. Nina Böhm
Zum Host: ⁠⁠⁠⁠Felix Schlenther